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Matthias Spielkamp über Immaterialgüter in der digitalen Welt

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Interview mit den Netzpiloten: Leistungsschutzrecht, Verlage, Wikileaks

März 17th, 2011 · 3 Comments · In eigener Sache, Internet-Regulierung, Journalismus, Leistungsschutzrecht, Lobbyismus, Urheberrecht, Verlage

Vor fast genau einem Jahr, zur re:publica10, hat mich Meike Laaff für die Netzpiloten zu den Themen Leistungsschutrecht, Zukunft der Verlage, Wikileaks etc. befragt. Irgendwie ist das dort wohl liegen geblieben, so dass es erst jetzt veröffentlicht wurde. Ich bette es hier dennoch ein, denn es ist durchaus spannend zu sehen, wie wenig die Diskussion vorangekommen ist in den letzten 11 Monaten. An anderen Stellen wiederum ist interessant, was sich dann doch getan hat. Wenn ich z.B. sage, dass ich gespannt bin zu erfahren, wie die FDP sich verhielte, wenn sich ein wichtiger Industrieverband gegen das Leistungsschutzrecht positioniert, dann kann man das nun beobachten, denn der BDI hat inzwischen genau das getan. Es sieht natürlich etwas dumm aus, wenn ich von Wikileaks und ihrem Scoop mit dem Irak-Video spreche, aber genau deshalb erläutere ich hier die Hintergründe.

(Der Vimeo-Embed zerschießt mein Blog und ich kann den Grund dafür nicht finden – daher Klick auf das Bild und ab geht’s zu den Netzpiloten.)

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3 Comments so far ↓

  • Tharben

    Ach, deswegen kam es mir so verfrüht frühlingshaft und inhaltlich veraltet vor.

    Einen Punkt würde ich gern hervorheben: die Sache mit dem Journalisten als One-Man-Band.

    Es gibt viele Gründe, weswegen ich Verlagen immer skeptischer gegenüber stehe: Das fängt bei Bild und Springer an, weil sie perfiderweise einen großen Teil der Bevölkerung gegen die Interessen genau dieses Teils der Bevölkerung in Stellung bringen, und hört nicht damit auf, dass elektronische Medien (bspw. PDF) zum gleichen Preis verkauft werden wie das Papierprodukt, das um ein Vielfacher teurer zu produzieren und zu vertreiben ist.

    Wie stehen Sie, Herr Spielkamp, dem „Problem“ – andere würden sagen, dem Segen – gegenüber, dass binäre („digitale“) Informationen beliebig und zu verschwindend geringen Kosten und ohne Qualitätsverlust kopiert werden können?

    Was halten Sie von der These, dass man digitalisierte Informationen gar nicht im verlegerischen Sinne „schützen“ kann? Beispiel: die Binärfolge 01001100 ergibt das Zeichen „L“, im ASCII-Format, wohlgemerkt. Dieses L könnte zu einem urheberrechtlich geschützten Werk gehören. Anders aber könnte die Binärefolge 01001100 auch zu einem Pixel eines Bildes oder Musikaufnahme unter CC0 (die freieste aller CC-Lizenzen) gehören. Wer will das wie kontrollieren können?

    Spätestens dann, wenn ich die 0 und 1 durch einen geheimen Algorithmus durcheinanderwürfle und an der Empfängerseite wieder in die vorgesehene Reihenfolge bringe, sind digitalisierte Informationen nicht zu kontrollieren. Oder wüssten Sie, wie?

    Zum Abschluss möchte ich Sie loben. Leider kenne ich kaum ihre beruflichen Arbeiten, aber Ihre Beiträge, gleich, ob auf Podien, in Ausschüssen oder beispielsweise in Philip Banses Medienradio, sind immer sehr interessant. Bitte machen Sie weiter so.

  • Matthias Spielkamp

    @Tharben: Die Frage nach der kostengünstigen Vervielfältigung ohne Qualitätsverust ist ja das Herz der Digitalisierung – damit aber auch des „digitalen Dilemmas“: dass Information verlsutfrei und günstig einer nie dagewesenen Zahl von Menschen zugänglich gemacht werden kann, dass aber die Produzenten die Angst umtreibt, dann auch nur noch (im Extremfall) ein Exemplar eines Buchs, eines Musikstücks, eines Films verkauft werden kann. Die Frage, wie die Schöpfer entlohnt werden können, ist nicht gelöst.

    Was die Binärfolgen angeht, warne ich vor Technizismus: Es gibt viele, die glauben, dass das Kopieren digitaler Güter nie wieder effektiv eingeschränkt werden kann. Ich finde das überzeugend. Die Frage, wie wir damit umgehen wollen, ist aber eine politische Frage, über die wir uns noch lange auseinandersetzen werden.

    Vielen Dank für Ihr Lob!

  • Tharben

    Weia, das Thema ist sehr facettenreich. Ich versuche mich kurz zu fassen.

    Gegenüber der Gefahr, dass im Extremfall nur noch ein Exemplar eines Buchs, eines Musikstücks, eines Films verkauft werden kann, steht aber auch der Fakt, dass Werke nur einmal wirklich produziert werden müssen, egal, ob sie nur einmal oder mehrere Millionen Mal verkauft werden. Fragen Sie Bill Gates. Sein Betriebssystem musste einmal produziert werden, wurde aber millionenfach verkauft – und das zu einem stolzen Preis, fast so, als ob jede Kopie neu programmiert worden wäre.

    Die Produktion eines Werkes verursacht nur Fixkosten, sozusagen. Die Produktion jeder weiteren Kopie verursacht praktisch keine (variablen) Kosten. Verleger aber wollen auch im digitalen Zeitalter so tun, als ob jede weitere Kopie wie ein neues Möbelstück wäre, für das Holz angepflanzt werden musste, wachsen musste und verarbeitet werden musste.

    Übrigens, die oben beschriebene Gefahr hat sich nie auch nur ansatzweise bewahrheitet. Im Gegenteil, es scheint so, dass mehr Kopien von einem Werk verkauft werden, wenn von demselben Werk mehr kostenlose Kopien im Umlauf sind. Aber das wissen Sie bestimmt besser als ich.

    Oh, und was das eigentlich mit dem Journalisten als One-Man-Band zu tun hat: Ich sehe ein, dass es notwendig ist, dass Journalisten für teure Enthüllungsgeschichten auf Ressourcen zurückgreifen müssen, die nur Verlage oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk bieten kann. Aber ungeachtet meiner oben geäußerten Kritik an den Verlagen: Geschieht das überhaupt noch in einem ausreichenden Maß? Muss man nicht neue Wege suchen und beschreiten? Abseits von Verlegern, die mit ihrer Sehnsucht nach der Dampfmaschine hoffentlich ohne zu großen Schaden anzurichten untergehen werden?