Verdi-Vize Frank Werneke hat einen offenen Brief geschrieben, der in der M veröffentlicht wurde (und „auch ins Netz gestellt“, wie die Website freudig vermeldet – total digital, die KollegInnen). In ihm verteidigt er das unsägliche Positionspapier Internet und Digitalisierung – Herausforderungen für die Zukunft des Urheberrechts (PDF, 120 kb) seiner Gewerkschaft, das er persönlich durchgewunken hat.
Ich habe gerade etwas anderes zu tun, als hier noch einmal den ganzen Prozess darzustellen, daher kurz in Stichworten:
Wernke schreibt
Die teilweise – bewusst oder unbewusst – falsche Berichterstattung in einigen Blogs verfälscht und verzerrt die Aussagen des Beschlusses. Dabei wird z.T. ver.di in Nähe von Zensurbefürwortern gerückt.
Das Problem ist und bleibt nicht die Berichterstattung (die nur aus Verdis Sicht falsch ist), sondern die beharrliche Weigerung der Verdi-Veratwortlichen, zur Kenntnis zu nehmen, dass Warnhinweise nur zum Preis der Überwachung des Internet-Datenverkehrs zu haben sind. Daher ist es völlig gleichgültig, wenn Werneke schreibt, die „Wahrung und Sicherung einer freien Kommunikation und Information ist für ver.di essentiell wichtig“ – solange Verdi nicht von der Forderung nach Warnhinweisen abrückt. Es gibt auch hier kein „wasch mir den Pelz (Warnhinweise), aber mach mich nicht nass (keine Überwachung)‘, und den Boten zu prügeln, hat in der Sache noch nie etwas genützt (wohl aber beim Ziel des persönlichen Machterhalts).
So lange bei Verdi nicht die technische Kompetenz vorhanden ist, das zu verstehen, bleibt eine Auseinandersetzung zu dem Thema aussichtslos. S. dazu auch die entsprechende Berichterstattung bei iRights.info Denn sie wissen nicht, was sie fordern und meinen Netzkommentar Verdis digitale Welt.
Weiterhin hat Wernke die Frechheit zu wiederholen, das Positionspapier sei in einem transparenten Verfahren zustande gekommen:
Bei diesem Positionspapier handelt es sich auch nicht um einen Schnellschuss, sondern um das Ergebnis intensiver Arbeit und Diskussion – zwischen den betroffenen Fachbereichen in der ver.di und in den betroffenen Gremien. Auch in das Mitgliedernetz von ver.di wurde das Papier zur Diskussion eingestellt. Jede und jeder, der sich zu dem Beschluss äußern wollte, konnte dies also tun. Viele haben davon Gebrauch gemacht. Viele Inhalte dieser Stellungnahmen sind auch in die Überarbeitungen eingeflossen.
Dass das eine dreiste Verzerrung des tatsächlichen Ablaufs ist, ist hier im Blog ausführlich – und transparent – dokumentiert:
- Unwetterwarnungen bei Shitstorm-Gefahr: Andrea Kamphuis zum Verdi-Positionspapier zum Urheberrecht
- KollegInnen, Eure Ansichten sind uns egal – oder: Wie bei ver.di eine “monatelange intensive Diskussion” aussieht
- KollegInnen, macht die Augen auf! Zum Verdi-Positionspapier zum Urheberrecht
Ganz abgesehen von den vertraulichen Gesprächen mit Verdi-Mitgliedern, die mich darauf aufmerksam gemacht haben, wie hermetisch und intransparent innerhalb der Gewerkschaft dafür gesorgt wurde, dass das Papier in dieser Fomr verabschiedet werden konnte. Dass es diese Menschen dort gibt, ist übrigens der einzige Grund, warum ich weiterhin Mitglied bleibe. Und mit wachsendem Ärger und Frust mitansehe, wie sich Verdi einmauert. Es ist ein Trauerspiel.
basche-info blog » Es kommt viel schlimmer: Das neue Leistungsschutzrecht hätte zur Folge, dass kein einziger Blog mehr existieren kann/wird. Das wäre der endültige Tod der Meinungsvielfalt /freiheit // Dez 13, 2010 at 5:19 pm
[…] http://immateriblog.de/in-eigener-sache/offener-brief-von-frank-werneke-oder-die-begrenzte-einsichts… […]
noch so ein text, dessen sinn sich mir erst erschließt, wenn ich ihn satz für satz rückwärts lese.
und wieder fällt mir auf, wie sehr ich das wort „netzgemeinde“ hasse. medienkompetenz als glaubenssache zu verklären verkennt die verantwortung einer interessengemeinschaft von arbeitnehmern.
zur kritik aufzurufen, um wenige sätze später (früher…) den bisherigen diskurs als „bewusst oder unbewusst verfälschend und verzerrend“ zu diskreditieren, hat aus dem mund eines stellvertretenden vorsitzenden für mich einen seltsamen geschmack.
ich kann ja verstehen, dass die leitung einer politischen organisation talking points liefern muss. ich weiß, dass strategisches denken zuweilen einen schrägen argumentationsgang benötigt.
die bedenken von kompetenten, engagierten fachleuten so süffisant zu ignorieren, schadet der diskussion.
und damit auch der glaubwürdigkeit der ver.di.
das nervt mich zweifach: ich fühle mich als teilnehmer der diskussion angegriffen und finde mich als kollege im stich gelassen. gut, dass ich bei allem gewerkschaftlichen engagement doch nicht eingetreten bin.
.~.
Es kommt viel schlimmer als der jmstv: Das neue Leistungsschutzrecht hätte zur Folge, dass kein einziger Blog mehr existieren kann/wird. Das wäre der endültige Tod der Meinungsvielfalt /freiheit | Projekt Basche-Info.de – relaunched // Dez 22, 2010 at 10:13 pm
[…] http://immateriblog.de/in-eigener-sache/offener-brief-von-frank-werneke-oder-die-begrenzte-einsichts… […]
Immateriblog.de - Matthias Spielkamp über Immaterialgüter in der digitalen Welt // Feb 26, 2011 at 12:24 pm
[…] Offener Brief von Frank Werneke – oder: die begrenzte Einsichtsfähigkeit großer Organisation… […]