Für einen Freiberufler wie mich ist es selbstverständlich schön, viel zu tun zu haben, aber der Nachteil daran ist, dass ich einige Entwicklungen nicht so gut verfolgen kann, wie ich es gern täte. Der gestrige Tag ist ein solches Beispiel. Dietmar Wolff, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), hat gegen iRights.info, das Info-Portal zum Urheberrecht in der digitalen Welt, das ich mit ins Leben gerufen habe, den Vorwurf erhoben, wir hätten das Urheberrecht verletzt. Wolff bezieht sich dabei auf unsere Veröffentlichung des bislang geheim gehaltenen Entwurfs für ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger, erstellt von den Verlegern und kommentiert von ver.di und dem DJV, der seit dem 7. Mai bei iRights.info nachzulesen ist.
Das ist natürlich ein ungeheuerlicher (und ungeheurlich dummer) Vorwurf aus dem Mund des Geschäftsführers eines Verbands, der sich für die Pressefreiheit einsetzen sollte, und das auch bei vielen Gelegenheiten tut – bzw. eben bisweilen auch nur vorgibt zu tun, wie man jetzt feststellen muss. Thomas Knüwer schreibt:
Die Gefühlsregungen, die einen ergreifen sind kaum zu beschreiben. Entsetzen? Ekel? Wut? Irights bleibt da schon bemerkenswert nüchtern.
Da hat er Recht. Denn im Gespräch mit Vera Linß, der Breitband-Redakteurin, die ihn befragt hat, war Wolff sogar noch einen erheblichen Schritt weiter gegangen. Ihr hatte er gesagt:
Das Ganze habe auch eine strafrechtliche Dimension, man wolle aber von Konsequenzen in dieser Hinsicht absehen.
Da diese Aussage im Audio, das auf der Seite zur Verfügung steht, nicht enthalten ist, sind wir auf diesen Teil seiner Aussage nicht eingegangen. Dass aber im BDZV tatsächlich erwogen worden ist, strafrechtlich gegen ein journalistisches Angebot vorzugehen, ist selbstverständlich ein handfester Skandal – und das einzige, was der BDZV in dieser Sache richtig gemacht hat ist, dem keine Taten folgen zu lassen. Wobei die Aussage an sich bereits eine recht unverholene Drohung ist – und damit eine Tat gegen die Pressefreiheit. iRights.info wird nicht Wolffs Rücktritt fordern, wie es Thomas Knüwer in seinem Beitrag getan hat („Man kann nur hoffen, dass der BDZV sich schnellstmöglich von Dietmar Wolff trennt.“). Ich persönlich würde das aber für durchaus angemessen halten.
Reaktionen der anderen:
- Veröffentlichung des Entwurfs für Leistungsschutzrecht sorgt für Unmut — heise.de
- Aus den Blogs — perlentaucher.de
- Zeitungsverleger werfen iRights.info Urheberrechtsverletzung vor — netzpolitik.org
- Leistungsschutzrecht als Urheberrechtsverletzung — DIGITALE LINKE
- Zeitungsverleger werfen iRights.info Urheberrechtsverletzung vor — CARTA
- Zeitungs-Lobby wirft iRights.info Rechtsverstoß vor — winfuture
- Zeitungsverleger fischen im Trüben — …Kaffee bei mir?
- irights.info reagiert auf Vorwurf des Urheberrechtsverstosses — neunetz.com
- Lacher des Tages: Bundesverband der Zeitungsverleger … — Fefes Blog
- Wie erwünscht ist beim BDZV eine aufgeklärte Öffentlichkeit? — Blog vom Karpfenweg
Bei Rivva war die Meldung eine Zeit lang die Top-Story. Bin gespannt, was noch folgt.
Schließe mich Dir und Thomas Knüwer gern an.
Da aber zur Zeit Tanz in allen Räumen stattfindet (Urheberrecht, Rundfunkgebühr, mehr hier) und dieser sehr routiniert an der Öffentlichkeit vorbei organisiert wird, diskutieren mal wieder nur die üblichen Verdächtigen. Am Rest der (künftig) Betroffenen geht das spurlos vorbei, obwohl alle die Folgen zu tragen haben werden. Ein Trauerspiel namens Demokratur?
Tweets die Immateriblog.de - Matthias Spielkamp über Immaterialgüter in der digitalen Welt erwähnt -- Topsy.com // Mai 15, 2010 at 7:55 pm
[…] Dieser Eintrag wurde auf Twitter von Matthias Spielkamp und Martin Schmidt, Axel Keuchel erwähnt. Axel Keuchel sagte: RT @spielkamp: Zeitungsverleger werfen @iRightsinfo Urheberrechtsverletzung vor – my take: http://bit.ly/cE0CtG #LSR #Pressefreiheit #BDZV […]
Hallo Vera,
in der Tat. Aber es liegt natürlich immer auch an denen, die sich nicht kümmern. Die Welt ist nicht gerade unterkomplex…