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Jason Calacanis: Wenn ich Yahoo wäre… Oder: Wie man Google Konkurrenz macht, ohne nach dem Staat zu schreien

November 15th, 2009 · 4 Comments · digitales Publizieren, Economics, Internet Governance, Internet-Regulierung, Journalismus, Leistungsschutzrecht, Lobbyismus, Publizieren, Verlage

Ich finde, das hat was: Internet-Unternehmer – turned Blogger – turned Suchmaschinenbetreiber – turned Vodcaster Jason Calacanis skizziert ein Szenario, in dem Verleger geschlossen mit Bing (oder Yahoo) verhandeln, dass ihre Inhalte dort gegen Gebühr indexiert werden.

Gleichzeitig wird Google blockiert. Wer will die Suchmaschine nutzen, bei der er dann die Inhalte der New York Times, von CNN und der Washington Post nicht mehr findet? Wenn das erstmal gelungen ist, kann man auch von Google Geld eintreiben.

Ich wäre für Hinweise dankbar, warum ich das nicht gut finden soll. Denn im Moment sehe ich nur den Charme dieser Strategie: Googles Konkurrenz zu stärken, um sich in eine bessere Verhandlungsposition zu bringen. Genau das soll ja eine Marktwirtschaft mit Konkurrenz ermöglichen. Und die Debatte um ein Leistungsschutzrecht können sich die Verleger damit auch klemmen.

Ist schon klar: Die Verlage würden zunächst sehr viel Traffic verlieren, denn z.B. in Deutschland ist der Marktanteil von Bing und Yahoo verschwindend gering. Aber bei dem, was auf dem Spiel steht, halte ich es für denkbar, dass sich genug zusammenschließen. Allerdings würde schon ein prominenter Ausreißer, wie Spiegel Online, die Erfolgsaussichten sehr schmälern. Und auch das wäre Marktwirtschaft…

Nun gut: Jeff Jarvis ist der Ansicht, dass die Strategie aus dem Grund, den ich auch genannt habe (die Konkurrenz unter den News-Anbietern) niemals funktionieren wird. Außerdem verliere Google so gut wie gar nichts, da in den ersten Treffern der Suche Verlagsangebote kaum eine Rolle spielen. Und nicht zuletzt (so habe ich in Gesprächen in den letzten Tagen auch schon häufiger argumentiert) kann man Seiten hochziehen, die Verweise anbieten, die wiederum von Google indexiert werden. Ich will mich auch gar nicht dazu versteigen zu behaupten, dass das funktionieren kann. Allerdings denke ich schon, dass die Aufmerksamkeit, die der Google-Konkurrenz zukommen würde, recht groß wäre.

Hier noch eine gute Zusammenfassung von Netzökonom Holger Schmidt.

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4 Comments so far ↓

  • Alexander

    Ja, vielleicht ist das ein Weg, den gegenseitigen Wert einmal zu bestimmen. Sind beispielsweise unter den 73,2 Millionen Treffern zu Barack Obama so wenige qualitativ hochwertige, dass Google nicht ohne die 183.000 von CNN.com, die 630.000 von washingtonpost.com oder die 16.300 von Newsweek.com auskäme? Wenn Google bei diesem Versuch nachgeben würde, könnte sich das Unternehmen darauf einstellen, Unmengen von Anbietern Geld zu zahlen. Das hat bei Twitter geklappt, weil Twitter als reiner Statusmeldung-Dienst selbst Quasi-Monopolist ist. Die Zeitungsverleger sind es nicht, und wer sich an diesem Versuch beteiligt, muss zumindest die Gefahr bedenken, sich selbst aus dem Netz zu katapultieren.

  • Stadler

    Das wäre vermutlich wettbewerbsrechtlich problematisch, weshalb es eine solche (offene) Absprache kaum geben wird

  • Kaffeetrinker

    Wenn die Verleger geschlossen zu Bing wechseln und gemeinsam Google aussperren, kann es sich dabei um ein kartellrechtwidriges „abgestimmtes Verhalten“ handeln – wenn damit der Wettbewerb zwischen Bing und Google gestört wird -, ganz egal ob dies nun formal in einem Vertrag geregelt wird, oder nur durch informelle Absprachen („Gentlemen’s agreement“). Die EU und das BKartA sind bestimmt schon hellhörig geworden, und das DOJ in den USA vielleicht auch.

    Hintergrund: § 1 GWB lautet:

    § 1 Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen
    Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und
    aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder
    Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken, sind verboten.

    EU-Ebene:

    Die Kartellverordnung 1/2003/EG ordnet in Art. an:

    (1) Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne von Artikel 81
    Absatz 1 des Vertrags, die nicht die Voraussetzungen des Artikels 81 Absatz 3 des Vertrags erfüllen, sind
    verboten, ohne dass dies einer vorherigen Entscheidung bedarf.

    Art. 81 Abs. 1 des EG-Vertrages lautet:

    Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen
    Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen,
    welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung,
    Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes
    bezwecken oder bewirken, insbesondere

    a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
    b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder
    der Investitionen;
    c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
    d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern,
    wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
    e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche
    Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand
    stehen.

  • Peter2509

    Ja wer wird denn gerne auf die Lügenverbreiter und Fälscher verzichten? Ich zum Beispiel. Sollen wir jetzt für die Lügen die zum Irakkrieg führten oder gar für Hitlers Tagebücher bezahlen? Selten so gelacht. Von einem Verbrecher wie Murduch würde ich nicht mal kostenlos was lesen.