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Matthias Spielkamp über Immaterialgüter in der digitalen Welt

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Leistungsrechtsschutz, äh, Rechtsleitungsschutz, äh, ach, ist auch egal, steht ja im Kolatitionsverlag

Juli 23rd, 2010 · 11 Comments · Internet Governance, Internet-Regulierung, Journalismus, Leistungsschutzrecht, Lobbyismus, Urheberrecht, Verlage

Dass die Presseverleger ziemlich durcheinander sind, wenn es um ihre Forderung nach einem Leistungsschutzrecht geht, merkt man an dem Unsinn, den sie dazu beständig verzapfen. Wen es interessiert zu erfahren, dass diese Idee nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich ist, kann sich die iRights.info-Analyse dazu durchlesen.

Jetzt aber setzen die Verleger noch eins drauf, und ihre Dreistigkeit ist geradezu bewundernswert. Das Handelsblatt veröffentlichte (online) eine Meldung der dpa, in der über Flipboard berichtet wird, zu dem die „Zeitungsverleger die Frage nach dem Urheberrecht aufgeworfen“ sehen. Was es genau bedeutet, dass sie diese Fragen aufgeworfen sehen, erfährt man aus dem Artikel nicht. Das wäre auch zu viel verlangt, denn es würde bedeuten, dass die Verlage diese rechtlichen Probleme benennen könnten. Aber auf die Idee, danach mal zu fragen, kommt man bei der dpa offensichtlicht nicht.

Muss man aber auch nicht, denn für klare Verhältnisse sorgt ja demnächst das Justizministerium. Obwohl, was heißt schon demnächst? Bei den Verlagen geht man offenbar davon aus, dass das Leistungsschutzrecht bereits Realität ist. Wie sonst wäre der folgende Satz zu erklären:

Das erklärte der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (Bdzv) am Donnerstag zu einer Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. „Für die Anbieter dieser Inhalte im Internet sind allerdings Fragen des Urheberrechts und des Leistungsrechtsschutzes zu klären.“

Nein, könnte man einwerfen, Fragen des Leistungsrechtsschutzes, äh, Leistungsschutzrechts (ok, man kann nicht erwarten, dass der BDZV weiß, wie das heißt, von dem sie nicht begründen können, dass sie es fordern) sind nicht zu klären. Denn es gibt kein Leistungsschutzrecht für Presseverlage.

Man fragt sich, worüber man sich mehr wundern soll: Über die Frechheit, mit der der BDZV agiert (wobei einen eigentlich nichts wundern sollte bei einem Verband von Zeitungsverlegern, der aktiv gegen die Pressefreiheit eintritt),  oder die Dummheit/Frechheit/Käuflichkeit der dpa, die diesen Unsinn einfach weiter verbreitet.

Ach ja, das ist natürlich der von den Verlagen unter so großen Schwierigkeiten finanzierte Qualitätsjournalismus, mit dem wir es hier zu tun haben, und der geschützt werden muss, indem ein Leistungsschutzrecht eingeführt wird. Oder ein Leistungsrechtsschutz. Oder so. Aber Moment – haben wir den nicht schon? Oder das? Äh…

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11 Comments so far ↓

  • vera

    Begeistertes ‚Jau!‘

  • CARTA

    Flipboard und der Leistungsrechtsschutz, äh, Rechtsleitungsschutz……

    Ein geplantes Gesetz ist schon (fast) ein Gesetz. Zumindest, wenn es um das Leistungsschutzrecht und den Bundesverband Deutscher Zeitungsverlegen geht. Matthias Spielkamp mit einem Fundstück von der dpa…….

  • BD

    Naja, hier gegen die dpa zu wettern, die ja offensichtlich zitiert, halte ich übertrieben.

    Aber der BDZV ist eine Interessenvertretung, das wird klar. (War es das vorher nicht?)

  • Matthias Spielkamp

    @BD
    Das erklärte der Bundesverband der Verberechensopfer am Donnerstag zu einer Anfrage der dpa. „Die Todesstrafe muss wesentlich häufiger verhängt werden, um ihre beabsichtigte abschreckende Wirkung zu entfalten.“

    Wie – keine Todesstrafe in Deutschland? Macht nix, ist ja „nur zitiert“. Es wäre übertrieben, hier wegen fehlender Recherche & Sachkenntnis gegen die dpa zu wettern.

    Nachrichtenagenturen sollten alles veröffentlichen, was man ihnen sagt, so lange sie es als Zitat kennzeichnen.

    Sind Sie Journalist? Ich hoffe nicht. Wenn doch: Versuchen Sie’s doch mal bei der dpa…

  • Dobschat » Flipboard – iPad doch nicht mehr so toll?

    […] überhaupt nicht. Und damit haben wir auch gleich ein praktisches Beispiel wofür die ihr Leistungschutzrecht haben […]

  • Alex

    Bin nicht gerade ein Experte in Fragen des Immaterialgüterrechts aber besteht nicht ohnehin ein Leistungsschutzrecht am Quellcode, den Flipboard ja in irgendeiner Art und Weise für die Anwendung nutzt/manipuliert/aufbereitet?

  • Matthias Spielkamp

    @Alex
    Nein, denn es gibt auch kein Leistungsschutzrecht für Quellcode. Es gibt den Datenbankschutz, aber ob der greift, ist ebenfalls fraglich.

  • “Verleger-Schreck” Flipboard: Auch auf Tablets gelten Marktdynamiken des Webs

    […] Zeitungsverleger) vorsorglich bezüglich Urheberrecht und Leistungsirgendwas besorgt zeigt. Matthias Spielkamp kommentiert recht passend die Frage, wie der BDZV über Fragen zu einem Recht sinniert, das gar nicht […]

  • Tharben

    @Matthias Spielkamp

    Autschn! Bin ich froh, hinreichend häufig mit Ihnen einer Meinung zu sein. Der Unterhaltungswert wäre nachhaltiger, würde Sie nicht mit der ersten Replik Kritiker enthaupten.

  • Matthias Spielkamp

    @Tharben
    ‚tschuldigung, war nicht so bös gemeint, wie es offenbar geklungen hat; ich hatte mich nur gewundert, wie man bei sowas nicht auf der dpa rumahcken sollte.

  • Tharben

    Natürlich sollte man. Meine Ehrfurcht beim Kommentieren in von Journalisten betriebenen und dazu für mich ungewohnten Blogs lässt mich den hier gerne vergessen: 😉