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Beitrag erneut aktualisiert am 23. März, s. Ende des Textes
Der Presseschauer macht mich auf einen Artikel aufmerksam, der bereits im Dezember 2010 veröffentlicht wurde, den ich aber leider übersehen habe: Dark forces gunning for Google von Milo Yiannopoulos bei telegraph.co.uk. Es geht um die Initiative ICOMP, über die ich bereits 2009 berichtet hatte (s. unten). Milo schreibt:
ICOMP is a organisation whose sole purpose appears to be to attack Google: it was set up to protest against Google’s DoubleClick acquisition and has spent the last few years churning out blog posts slamming the search giant and approaching journalists out of the blue with carefully primed stories. Why does this matter? Because ICOMP is almost entirely funded – and not always wholly transparently – by Microsoft, one of Google’s main competitors in search.
Ein guter Artikel, der offenlegt, dass ICOMP nichts anderes ist als eine „Strohorganisation“, die übernimmt, was Microsoft nicht offen tun möchte: Google zu attackieren. Auf EU-Ebene geschieht das dadurch, dass Google vorgeworfen wird, eine Markt beherrschende Stellung auszunutzen.
Für uns in Deutschland ist interessant, dass ICOMP die Forderung nach dem Leistungsschutzrecht unterstützt und Verlagen wie der Axel Springer AG und seinem Cheflobbyisten Christoph Keese ein Podium bietet. In meinem Artikel Die Lobbyisten der Unfreiheit im September 2009 in der Message – internationale Zeitschrift für Journalismus hatte ich geschrieben:
Beim Bundesjustizministerium ist zu diesem Zeitpunkt die Forderung nach einem Leistungsschutzrecht bereits bekannt. Der Springer-Verlag hatte sie wiederholt ins Spiel gebracht, etwa bei der Tagung »Digitale Revolution – Chance oder Bedrohung für die Kreativwirtschaft« am 5. Februar 2009. Veranstaltet wurde die Konferenz von der Europa-Union, einer Organisation zur Förderung der europäischen Idee, und ICOMP, der »Initiative for a Competitive Online Marketplace« (Initiative für einen wettbewerbsfähigen Online-Markt).
Als Sekretariat der ICOMP agiert PR-Agentur Burson Marsteller, die bereits die Belange der Regierungen Nigerias während des Biafra-Kriegs vertrat, Indonesien nach den Massakern in Ost-Timor beriet und für Rumänien während der Ceausescu-Diktatur arbeitete. ICOMP ist nach eigenen Angaben »eine Industrie-Initiative für Organisationen und Unternehmen, die im Internet-Geschäft tätig sind, vor allem Online-Verlage und -Werbetreibende, Internet-Service- und Netzwerk-Provider und Agenturen für Online-Werbung«.
Wie erfolgreich das Lobbying war, ist inzwischen allen klar, die sich mit dem Thema beschäftigen. Auch BDZV und VDZ, Keese und Burda-Lobbyist Robert Schweizer berufen sich bei vielen Gelegenheiten auf „Fair Search“ und „Fair Share“ als Bewertungsmaßstäbe einer „gerechten“ Funktion von Suchmaschinen, speziell natürlich Google. Und wo werden diese Maßstäbe definiert? In einem White Paper von ICOMP (Deutsch – PDF, 1,4 MB | English – PDF, 952 kb). Inzwischen gibt es auch die Organisation FairSearch.org, die die Interessen zwar transparenter macht, die aber erst im Dezember 2010 gegründet wurde. Hier übrigens die sehr lesenswerten Entgegnungen von Googles Vice President of Search Products & User Experience Marissa Mayer (Do not neutralise the web’s endless search) und Suchmaschinenguru Danny Sullivan (The New York Times Algorithm & Why It Needs Government Regulation) auf die Forderung nach „Fair Search“.
Ich stimme Milo zu, dass Google eine Menge Dinge tut, die untersucht werden sollten und bin selber erfreut darüber, dass die EU sich das Geschäftsgebaren der Firma näher ansieht. Und selbstverständlich sind die Google-Lobbyisten keine Altruisten, auch wenn sie so auftreten. Dennoch schließe ich mich Milo auch in seiner Schlussfolgerung an:
if Microsoft wants to have an open, honest debate on the merits of privacy – not to mention anti-trust – it should do so in the public square, and not hide behind „initiatives“ that fail to adequately disclose their relationship with the mother ship.
Das gleich gilt für Springer, Burda, Holtzbrinck und all die anderen, die ein Leistungsschutzrecht fordern und sich dabei von Microsoft via ICOMP/Marson Bursteller bereitwillig unter die Arme greifen lassen.
Aktualisierung (21.3., 12.50 Uhr): Ebenfalls übersehen hatte ich, dass Detlef Borchers die Rolle von ICOMP in der Januarausgabe der IX näher beleuchtet hatte. Wolfgang Sander-Beuermann, Vorsitzender des Suma e.V. und ICOMP-Beiratsmitglied, hatte daraufhin eine Entgegnung im ICOMP-Blog geschrieben. Den Blogeintrag, den ich begonnen hatte zu schreiben, als ICOMP den Beitritt des Suma e.V. zu ICOMP (PDF) verkündet hatte, habe ich leider nie beendet. Schade.
Aktualisierung (23.3., 18.50 Uhr): ICOMP antwortet zu Microsoft, SuMa und Leistungsschutzrecht