Das Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ hat gerade in einer Pressemitteilung zur aktuellen Debatte um Open Access Stellung bezogen. Der Kollege, der es mir geschickt hat, kommentierte es mit den Worten, dass man stärker darauf hinweisen sollte, „dass OA [Open Access] als Prinzip nichts mit Einschränkungen der Publikationsfreiheit zu tun hat und v.a., dass Google und OA nichts, aber auch gar nichts mit einander zu tun haben. Immerhin gut, dass sich jetzt mal die Wissenschaftler selbst zu Wort melden.“. Dem kann ich mich ohne Einschränkung anschließen.
Hier der Wortlaut:
Was ist uns Wissenschafts- und Publikationsfreiheit wert? Verlieren wir den Gedanken der Sozialpflichtigkeit von Wissen, verlieren wir unsere Zukunft.
Was ist uns Wissenschafts- und Publikationsfreiheit wert? Verlieren wir den Gedanken der Sozialpflichtigkeit von Wissen, verlieren wir unsere Zukunft.
Das Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ widerspricht dem von Roland Reuß initiierten, öffentlich gemachten und von Schriftstellern, Verlagen und auch von einigen Wissenschaftlern unterzeichneten Appell mit dem irreführenden Titel „Für Publikationsfreiheit und die Wahrung der Urheberrechte“ (http://www.textkritik.de/urheberrecht/index.htm).
Das Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“ widerspricht insbesondere den groben Fehleinschätzungen und der mangelnden Seriosität, die sich schon in den gewählten polemischen Worten äußert, wie sie in einem Artikel von Roland Reuß mit dem Titel „Open Access als Enteignung“ (F A Z vom 11.2.2009) formuliert wurden und die auch die Grundlage für den erwähnten Appell sind. Darin heißt es u.a., dass Open Access nichts anderes sei als eine „Enteignung“ der Autoren bzw. der Verlage. Die Unterstützung von Open Access durch die deutschen Wissenschaftsorganisationen sei Teil der „Machtergreifung“ und der „Erpressung“, die zur Enteignung führen
Das Aktionsbündnis, in dem die großen Wissenschaftsorganisationen sowie eine große Zahl von wissenschaftlichen Institutionen, Fachgesellschaften und Einzelpersönlichkeiten zusammengeschlossen sind, sieht sich hingegen mit Gudrun Gersmann, der Vorsitzenden des Unterausschusses »Elektronische Publikationen« der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), darin einig, dass Open Access dringend benötigte Alternativen zu der bislang dominierenden kommerziellen Publikationspraxis eröffnet, die in Bildung und Wissenschaft zu unerträglichen Verknappungssituationen bei der Informationsversorgung durch wissenschaftliche Bibliotheken geführt haben. Auch eröffnet Open Access neue attraktive Geschäftsmodelle für die Verlags- und Internetwirtschaft, die zugleich aber auch die Anforderungen der Wissenschaft auf freier Zugänglichkeit zu wissenschaftlichen Informationen erfüllen.
Das Aktionsbündnis setzt sich für die Entwicklung eines bildungs- und wissenschaftsfreundlichen Urheberrechts ein. Das impliziert keinesfalls die Abschaffung des Urheberrechts, wohl aber dessen bislang nur sehr unzureichend geglückte Anpassung an zunehmend elektronisch bestimmte Informationsumgebungen und vor allem eine Stärkung der Autorenschaft.
Das Aktionsbündnis sieht auch die Notwendigkeit, dass der Gesetzgeber stärker als bisher die Interessen derjenigen berücksichtigen muss, die direkt von den Einnahmen ihrer kreativen Tätigkeit leben wollen. Die Lösung dieses Problems kann nicht der Verlagswirtschaft, der IT-Wirtschaft und auch kaum den Verwertungsgesellschaften überlassen bleiben. Hier sind ganz neue Modelle gefragt.
Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sowohl die Publikationsfreiheit als auch die Freiheit von Forschung und Lehre des einzelnen Wissenschaftlers vom Aktionsbündnis entschlossen verteidigt werden. Die Unterzeichner des in die falsche Richtung gehenden Appells verkennen, dass, wie bei allen Rechten und Freiheiten, die „individual¬rechtlichen Ansprüche“ in demokratischen Gesellschaften nie absolut gelten können, sondern immer auch einer sozialen Bindung unterworfen sind. Individualrechtlicher Schutz zum einen und Sozialpflichtigkeit jeder Art von Eigentum zum andern werden durch das Grundgesetz Art. 14, durch Abs. 1 und Abs. 2 gleichermaßen festgelegt . Daher betont das Aktionsbündnis im Unterschied zum Appell: „Verlieren wir den Gedanken der Sozialpflichtigkeit von Wissen, verlieren wir unsere Zukunft.“
Das Aktionsbündnis fordert daher, dass Wissenschaft und Öffentlichkeit ungehinderten Zugang zu den mit öffentlichen Mitteln produzierten Werken haben. Im Urheberrecht sollte daher verankert werden, dass Wissenschaftler, die in öffentlichen Einrichtungen arbeiten, grundsätzlich nur einfache Nutzungsrechte an die kommerziellen Verwerter (Verlage) abtreten dürfen. Das Recht der Autoren an einer freien Selbstpublikation und/oder einer Bereitstellung in einem Open-Access-Repository oder z.B. bei Google bleibt somit erhalten.
Dies enthebt Google aber auch in Zukunft nicht der Pflicht, sich der Zustimmung der wissenschaftlichen Autoren zu vergewissern. Die Autoren sollten ihre Zustimmung jedoch an die Bedingung knüpfen, dass Google keine Nutzungsgebühren für die Bereitstellung der Werke erhebt und keine exklusiven Rechte an ihnen reklamiert. Das Aktionsbündnis wird sich entsprechend an Google wenden.
Einen entsprechenden Musterbrief, den Autoren an Google senden können, wird das Aktionsbündnis kurzfristig auf seinem Server bereitstellen.
Prof. Dr. Rainer Kuhlen
Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft“
Mir gefällt der bisherige Verlauf der ganzen Debatte nicht, weil:
– die Positionen sehr polarisiert sind, über (Publikations-)Bedingungen und -kosten wenig präzise und vergleichend gesprochen wird
– „dritte Wege“ nicht gesucht und diskutiert werden
– die Frage der Systematik und Wiederauffindbarkeit von Publikationen (z.B. Rangordnungen in Suchfunktionen)völlig offen scheint
-Peer-Netzwerke von der Informationsnutzung nachhaltiger ausschließen als Bibliotheken, denn für den „Nicht-Peer“ ist keine Fernleihe mehr möglich…
-die Probleme nur von der Nutzung von Information zur Veröffentlichung von Information verschoben werden
-es immer ein Entscheidungsgremium eines Kostenträgers geben wird, das mit Menschen besetzt ist, die über die Entwicklungsmöglichkeiten anderer Menschen entscheiden, also Abhängigkeitsverhältnisse vielleicht anders aussehen, aber nicht abgeschafft sind
-mir zu wenig auf die Handhabung von patentierten Forschungsergebnissen in der Industrie geschaut wird, wo ich durchaus Parallelen sehe