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Matthias Spielkamp über Immaterialgüter in der digitalen Welt

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Herr Burda ist ein kunstsinniger Mann. Und die FAZ-Community muss einer Parallelwelt entstammen

Juli 1st, 2009 · 8 Comments · digitales Publizieren, Internet-Regulierung, Lobbyismus, Musik, Publizieren, Urheberrecht, Verlage

Don Alphonso schreibt im FAZ-Blog „Stützen der Gesellschaft“ über Hubert Burdas Forderung nach einem Leistungsschutzrecht für Verlage:

Ich kann dieses Gejammer nicht mehr hören. Das Geheule von Plattenfirmen, dass die Kunden den billigst abgemischten Kommerzpop inzwischen billiger beziehen, als er hergestellt wird – das ist in meinen Augen nur angemessene Preisfindung. Die Klagen von Herrn Burda, seine wertvollen Inhalte würden schleichend enteignet – was meint er damit? Auf Focus.de finde ich den gleichen Infomüll wie überall, angereichert mit einem „Strandführer Ibiza“ und „Richtungsstreit in der Busenpartei„. In den Produktplatzierungssumpf der Freundin muss man dabei erst gar nicht hinabsteigen. Mit Verlaub: Da ist die Zahlungsbereitschaft der Leser nur angemessen. Andere kunstsinnige Männerfreunde von Herrn Burda, wie Springer, die Süddeutsche Zeitung und Gruner + Jahr bedienen sich bei Bildern und Videos schamlos aus dem Netz und bringen kostenlose PR-Fotos zum Abwinken, und darunter findet sich in den Nutzungsbedingungen der fette Hinweis auf ihr eingebildetes Urheberrecht. Warum sollten Leser und Google nicht genauso wurschtig, beliebig und desinteressiert sein, wie die Inhalte, die man ihnen darbietet?

Dass Anja Seeliger im perlentaucher Burdas Unsinn auseinander nimmt, ist nicht überraschend. Aber dass die FAZ in ihrer Community das zulässt, kann nur darauf hindeuten, dass keiner ihrer Verleger Blogs liest. Was ja auch sehr wahrscheinlich ist.

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8 Comments so far ↓

  • Don Alphonso

    Oh doch, natürlich lesen die Herausgeber mein Blog. Die kennen auch meine Meinung. Und die wissen auch, dass es gar nicht so dumm ist, die Debatte anderen allein zu überlassen, nehme ich mal an. Man kauft nicht mich ein, um ein braves Schosshündchen zu haben. Sie wollren eine Wolf. Den bekommen sie.

  • egghat

    Ich wüsste mal gerne, was an Dons Artikel so schlimm sein soll …

  • Matthias Spielkamp

    @egghat: Wieso schlimm? Ich finde den Artikel toll. Aber wenn man schon mal mit Verlegern, Chefredakteuren oder Geschäftsführern solcher Verlage zu tun hatte, dann weiß man, dass die von derartigen Erkenntnissen doch recht weit entfernt sind. Um es mal vorsichtig auszudrücken.

  • egghat

    Dann habe ich deinen Artikel völlig in den falschen Hals bekommen! Ich habe den in den Art „Was erlaube Don?!?“ (Trapatoni-Ausprache) gelesen.

    Entschuldigen Sie die Störung 😉

  • Don Alphonso

    Offen gesagt hatte ich mehrfach mit dem Konzern von Herrn Burda zu tun, und derartige Dinge wurden da auch schon ift genug formuliert. Die Leute sind nicht dumm, sonst wären sie nicht dort, wo sie sind. Das problem ist aber, dass der andere Weg teurer, härter und riskanter ist, als die Politik auf Google zu hetzen. Das muss man sportlich nehmen, und ich zweifle nicht daran, dass Google das aucb im Ernstfall sportlich nehmen wird. Wie das geht, haben sie schon bei BMW gezeigt. Meines Erachtens machen die Verlage mit dieser Haltung die Büchse der Pandora auf. Wenn die Verlage Google bekämpfen, wird Google irgendwann die Verlage auf deren eigenen Bereich angreifen. Ist dann vielleicht auch nicht toll, aber mei. So läuft das Spiel. Und darüber sollte man reden, bevor sinnlose Schlachten geschlagen werden.

  • Matthias Spielkamp

    Ich will es mal so ausdrücken: Es sind nicht alle dumm. Und es wäre dumm, sie immer nur zu unterschätzen in dem Sinn „Die haben das nicht verstanden“. Das tue ich auch nicht. Aber ich habe schon genug Leute in verantwortlichen Positionen in Verlagen getroffen, bei denen ich mir wirklich nicht erklären konnte, wie man derart weltfremd sein kann. Dass das, was derzeit abläuft, eine Lobbying-Kampagne erster Güte ist, dürfte jedem klar sein, der ein oder zwei Texte dazu liest. Aber das Problem ist ja, dass die Verlage bei Leuten wie Neumann damit Gehör finden. Gut, der hat nichts zu sagen, aber wer weiß, wie es nach der Wahl aussieht.

  • Don Alphonso

    Einer der Polarforscher, der nicht zum Pol kam, hat seiner Frau geschriben: „Ich hoffe, Dir ist ein lebendiger Esel lieber als ein toter Löwe.“ Das ist eine Erkenntnis, die Verlage auch erst noch erfahren müssen. ich glaube nicht, dass Google in zehn Jahren noch da ist, da wird es neue und bessere Dinge geben. Aber es wäre fatal, wenn man mit schlechter Strategie in einen Konflikt geht, den man als Verlag nicht gewinnen kann. In der Krise schon gleich gar nicht.

  • VioWorld

    Google in zehn Jahren nicht mehr da? Gewagte These. Ich frage mich eher, ob die eine oder andere (gedruckte) Zeitung nicht mehr da sein wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Berlin dauerhaft drei Tageszeitungen mit lokalem Fokus geben wird (Tagesspiegel, Morgenpost, Berliner Zeitung).
    Die Vorschläge von Herrrn Burda hingegen sind vollkommen absurd – damit schaufelt er sich sein eigenes Grab. Andererseits kann ich gut verstehen, dass einem als Printjournalist zum heulen zumute ist.

    Hagen Kohn